Geht Vertrieb heute wirklich anders?

Verfasst von: Thomas Burmeister
Vertrieb = Face to Face
Vertrieb = Face to Face  Bild: Fotolia
Es gibt nicht wenige Experten, die gebetsmühlenartig behaupten, Vertrieb gehe heute anders. Anders als was oder wann? Und was unterscheidet den Vertrieb von heute vom Konzept der 70er Jahre? Haben Internet, Facebook, Twitter &  Co wirklich den Vertrieb revolutioniert? Und welche Möglichkeiten hat der stationäre Handeln, das eigene Überleben zu sichern?

Sicher hat es in der Vergangenheit revolutionäre Veränderungen auf dem Gebiet der Vertriebskanäle gegeben, daran besteht kein Zweifel. Der Tante-Emma-Laden verschwand genauso von der Bildfläche wie die Drogerie, bei der man destilliertes Wasser und Waschbenzin noch in Einzelabfüllung kaufen konnte. Hier setzte ein massiver Verdrängungswettbewerb ein, oft begleitet durch eine ruinöse Preispolitik der "Big Player". Doch was haben Toilettenpapier, Allzweckreiniger oder Fleischsalat mit Vertrieb oder Verkauf zu tun? Wer heute im Super- oder Drogeriemarkt "einkauft", hat meist einen Einkaufszettel in der Hand. Welche Rolle hat hier noch die Verkäuferin - oder sollen wir sie lieber Regalbestückerin nennen?

Vertrieb und Verkauf gehen heute genauso wie vor 50 Jahren

Verkauft wird heute wie damals dort, wo ein Kunde zwar einen Wunsch hat, aber noch keine konkrete Entscheidung für ein bestimmtes Produkt, eine bestimmte Lösung getroffen hat. Denn diese hängt von Informationen ab - welche idealerweise vom Verkäufer kommen. Daraus ergibt sich konsequenterweise: Vertrieb und Verkauf finden dort statt, wo es um erklärungsbedürftige Produkte oder Dienstleistungen geht. Und diese sind nun einmal in der Regel mit deutlich höheren Investitionen verbunden als ein Stück Butter oder ein Liter Orangensaft. Wer gewillt ist, 2.000 EUR für einen wandfüllenden Flatscreen-Fernseher zu investieren, wir vor Belastung seiner Kreditkarte Informationen einholen.

Doch woher kommen diese Informationen? Fast schon reflexartig fällt uns dabei das Internet ein, generiert doch fast jede Suchanfrage auch ein entsprechendes Ergebnis. "Unabhängige" Testergebnisse, Rezensionen, Sternchen, Daumen und vieles mehr sollen uns die Entscheidung für ein Produkt erleichtern. Um beim Flatscreen-Fernseher zu bleiben: Weiß die große Suchmaschine aus Mountain View, wie die Lichtverhältnisse in meinem Wohnzimmer sind oder welche Farbe meine Möbel haben? Schließlich soll das gute Stück ja zum Rest der Einrichtung passen. Und wer sagt eigentlich, dass die veröffentlichten Testergebnisse auch wirklich für mich als Käufer relevant sind?

Verkäufer schlägt Internet

Ein "guter" Verkäufer wird vor Abgabe seines Angebotes ermitteln, was der Kunde eigentlich will und braucht (Bedarfsermittlung), anstatt seine Standard-Verkaufsargumente das x-te Mal am Tag herunter zu plappern. Im Verkaufsgespräch werden die Kaufmotive und Werte des Kunden offensichtlich. Aufgrund dieser vom Käufer gegebenen Informationen erst kann ein Angebot abgegeben, ein Produkt empfohlen werden. So interaktiv heute auch die Angebote im Internet sind: Diese Leistung kann nur ein Verkäufer aus Fleisch und Blut im persönlichen Gespräch erbringen. Was also ist heute anders als vor 10, 20 oder gar 40 Jahren?

Zugegeben: Betritt der interessierte Kunde das Geschäft, ist er vorinformiert - z. B. durch das Internet. Aber ist dies mehr als ein Trend? Wenn der Käufer sich seiner Sache schon so sicher ist, warum sollte er dann noch den Weg in die Innenstadt antreten? Amazon & Co liefern schließlich frei Haus! Die Antwort ist banal: Er benötigt Sicherheit, dass die vorgefasste Meinung auch wirklich richtig ist. Und hier schlägt die Stunde des Verkäufers!  Natürlich wird er den Auftrag nicht erhalten, wenn er die Leistungsdaten der Waschmaschine nur vom Typenschild abliest. Denn dann ist die Bestellung über das Internet vermutlich einfacher und günstiger.

Den guten Verkäufern gehört die Zukunft - wie vor 40 Jahren

Auch heute noch gibt es in jeder Branche gute Verkäufer. Sie machen deutlich mehr Umsatz als die Kollegen. Aber warum? Diese Frage können sie oft selbst nicht beantworten. Doch wer sie einmal beobachtet, wird das Geheimnis ihres Erfolges schnell erkennen: Sie stellen sich auf den Kunden ein, hören ihm zu, sind empathisch. Und das am Ende angebotene Produkt stellt nicht mehr dar, als die Quintessenz aus den gewonnenen Informationen. Sie sind quasi "Wunscherfüller" - genau wie vor 40 oder 50 Jahren. Trifft jedoch der investitionsbereite Kunde auf unwillige Verkäufer, so wandert er ab - ins Internet!

(Gutes) Verkaufen ist Handwerk. Und wie jedes andere Handwerk auch, so muss man Verkaufen erlernen. Hinzu kommen eine ausgeprägte Servicebereitschaft und Einfühlungsvermögen - fertig ist der Verkäufer. Aber warum hat man das Gefühl, dass wirklich gute Kräfte vom Aussterben bedroht sind? Die Antwort ist vielschichtig: Außendienstverkäufer erhalten Besuchsvorgaben, die sie unter massiven Zeitdruck setzen, Verkäufer im Einzelhandel werden schlecht bezahlt und bei der Aus- und Weiterbildung wird gespart. Und so sägen sich die Unternehmen den Ast ab, auf dem sie sitzen. Wer jedoch nur einmal an einen wirklich Top-Verkäufer geraten ist, wird wieder kommen - heute genauso wie zu Omas Zeiten!

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Artikelsignatur: Thomas Burmeister | Autoren-Ressort: www.crescetis.reporters.de
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