Der trügerische Warenkorb

Verfasst von: Marc Mühleis
Supermarkt und die kreative Wahrheit
Supermarkt und die kreative Wahrheit  Bild: jaapkaai_emmaretail.nl
Die meisten von uns kennen das Wort Inflation. Dennoch ist der Ursprung des Wortes recht erhellend. Vom lat. Inflatio, Aufblähen, Anschwellen, bezeichnet es die allgemeine und anhaltende Erhöhung des Preisniveaus von Gütern und Dienstleistungen, einhergehend mit einer Minderung der Kaufkraft. Auch dass der " Warenkorb" aus über 600 Objekten besteht, deren veränderndes Preisniveau die Inflationsrate bestimmt, dürfte den meisten bereits geläufig sein.

Und dass über 50% der Inflationsrate ( Stand heute 2019) nur aus 6 Objekten besteht, ist auch bekannt. Energie und Kraftstoffe( zusammen 11%, früher 1995 13 %) Mieten, Wohnen ( 20%, früher 1995 25%), Nahrungsmittel ( 9,5 % früher 1995 13,5 %) und Freizeit, Kultur, Unterhaltung und Elektronik ( 11%, früher 1995, 13 % ). Was bedeutet die Reduzierung der 6 großen Warenkorb-Objekte nun für die Inflationsrate? Einfach gesagt, wird damit ( durchaus auf politischen Willen hin ) auch die Inflationsrate reduziert. Allerdings nur die statistische, nicht die von Menschen gefühlte. Wenn die Lebensmittelgewichtung beispielsweise von 13,5 auf 9,5 % reduziert wird, können die Preise dennoch um 10% steigen.

Warenkorb (Bild: Finanzmarktwelt.de)

Dies verändert die Inflationsrate eben nur marginal. Im Wohnen -und Mietbereich hilft folgender "legaler" Trick, damit die steigenden Mietpreise sogar als Inflationsdrücker fungieren. Man gewichtet ( alle 5 Jahre erlaubt ) den Anteil an kleinen, privaten Vermietern ( stehen allerdings auch für 2/3 der Vermieter ) auf einmal höher im Warenkorb als die großen öffentlichen und privaten gewerblichen Vermieter. Während die kleinen Privaten im Schnitt nur um 4 % ihre Mieten erhöhten, haben die großen privaten, gewerblichen Vermieter sowie die grossen Genossenschaften die Mieten zwischen 6-7 % erhöht. Et voila... Bei den elektronischen Konsumgütern beispielsweise gibt es die nette hedonische Berechnungsmethode. Ein Computer wird 10% teuerer im Vergleich zum Vorgängermodell, aber er bekommt auch 8 statt 4 GB RAM Speicher. Ob der Käufer das wollte oder nicht, spielt für Berechnung allerdings keine Rolle.

Statistische Bundesamt Wiesbaden (Bild: destatis.de, Statistisches Bundesamt Wiesbaden)

Was allerdings eine Rolle spielt, ist, dass der Käufer 100% mehr bekommt und damit keine wirkliche Preiserhöhung vorliegt, und dies dadurch nicht in die hedonische Berechnung mit einfließt. Diese ganzen Taschenspielertricks könnten noch endlos weiter aufgeführt werden, und sie haben alle zur Folge, dass die gefühlte Inflation als Steigerung von jährlich 3-10% bei Verbrauchern ankommt. Und nicht wie die offizielle statistische Inflationsrate im Jahr 2019 nur zwischen 1,1 und 2% dahin dümpelt. Aber auch die Lebensmittelbranche ist durchaus kreativ mit der Verschleierung gewisser Tatsachen. Die offiziell keinen Betrug darstellen, aber einen gefühlten. Die Gewichtsangabe auf dem Scheibenkäse ist korrekt, nur hat sich die Anzahl der Scheiben um 2 Scheiben verringert, anstatt eines Gesamtgewichts von 150 g sind es jetzt nur 130g. Allerdings blieb der Preis beinahe derselbe, was immerhin ca.14% Preiserhöhung ausmacht.

Supermarkt und die kreative Wahrheit (Bild: jaapkaai_emmaretail.nl, )

Aber wer merkt schon, wenn der Lieblingskäse in derselben Verpackung steckt und darin 2 Scheiben fehlen. Was nicht geschwindelt ist, das Gewicht stimmt ja. Es wird nur die Gewohnheit und Nachlässigkeit des Kunden ausgenutzt. So was gibt es bei Keksen, Puddings, ja selbst bei Bierflaschen schon zu beobachten und ganz sicher noch bei tausenden anderen Produkten. Wir Verbraucher sollten daher im neuen Jahr 2020 ( und darüber hinaus wohl auch! ) genauer hinschauen, wenn wir etwas aus dem Supermarktregal nehmen, damit diejenigen, die uns ständig mit ihrer kreativen Schummelei das Geld aus der Tasche ziehen, endlich Gegenwind bekommen. Und zwar so stark, damit das endlich aufhört, dieses hinters Licht führen. Man kann vielleicht eine gewisse Zeit viele Menschen "betrügen", aber eben nicht alle Menschen die ganze Zeit ( Abraham Lincoln). Frohes Neues Jahr.

Torsten Hammerschmidt Torsten
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