Erotik aus Tausend und einer Nacht im Staatsballett Berlin

Verfasst von: Dipl. Päd. u. Theaterpädagogin Selena Plaßmann
Die arabischen Erotikklassiker lassen ahnen, dass die sinnliche Vereinigung zwischen Liebenden eine Vorahnung auf das Paradies offenbart. Die tieferen Geheimnisse des Geliebten enthüllen sich in der gegenseitigen körperlichen Hingabe. In dem persischen Mythos eroberte die schöne und kluge Scheherazade das Herz des Sultans, der den Glauben an die Treue der Liebe verloren hatte. Sie erzählte ihm in den 1001 Nächten, in denen sie mit ihm das Liebesheiligtum teilte, gleichsam phantastische Geschichten, die sie bei Sonnenaufgang unterbrach, um die Hochzeitsnacht, die am nächsten Tag mit ihrem Tod enden sollte, zu verlängern.

Der Choreograph Angeli Preljocaj stellt in den Mittelpunkt der tänzerischen Bilderreise durch den mystischen Orient die Tiefen der sinnlichen und erotischen Aspekte aus den Erzählungen rund um 1001 Nacht. Sein Interesse gilt besonders der Figur der Scheherazade, ihrer Intelligenz und ihrer Kultur. Weitere Motive, die den Schöpfungsprozess inspirierten, waren Ölgemälde wie zum Beispiel, Le Bain Turc von 1859, oder Reve D`Eunuque as dem Jahre 1874. Das Ballett The Nights spielt mit Visionen, verborgenen Begierden und amourösen Begegnungen in der Nacht, wenn der Schleier sich schützend über das, was nicht beleuchtet werden soll, senkt. Das Medium Tanz, bietet sich geradezu an, heimliche Leidenschaften und erotische Gefühle auszuleben.

Die Reise durch den Orient beginnt im Hammam. Schemenhaft werden die schönen Körper der badenden Tänzerinnen sichtbar; das Perlen der Wassertropfen auf ihren Körpern; laszive Bewegungen, die den Eindruck entstehen lassen, sie reiben ihre Haut mit kostbaren Ölen oder verführerischen Düften ein. Durch den heißen Nebel wird das sinnliche Spiel verhüllt. In sich selbst versunken genießen sie gleichsam ihre Gefährtinnen. Wie Krieger dringen die Männer in das Reich der weiblichen Ästhetik ein und unterwerfen es ihren Spielregeln. Es ist zugleich ein gesellschaftskritischer Aspekt, den Angelin Preljocaj durchschimmern lässt. Die Rolle der Frau in einer Welt, die von Männern regiert wird, zu überdenken.

Die Tänzer sind virtuos in ihren tänzerischen Darbietungen; wissen Erotik von Liebe zu trennen. Auch die Frauen in The Nights sind sich ihrer Reize und Macht bewusst. Die klassisch ausgebildeten Tänzerinnen vom Staatsballett Berlin tanzen das moderne Bewegungsvokabular expressiv, erotisch und charmant. Sie sind die Gebieterinnen, die über die Erfüllung oder Versagung der explosiven oder hingebungsvollen Vereinigung bestimmen. Der Choreograph lässt die Frage, die sich wie ein Ariadnefaden durch sein Ballett zieht, offen: Ist es ratsam sich der Liebe in all ihren Facetten und möglichen Gefahren hinzugeben - ihrem Ruf zu folgen? Oder ist es faszinierender, berührt von ihr zu träumen wie in den phantastischen Geschichten aus 1001 Nacht?

Angelin Preljocaj ist als Tänzer und Choreograph bekannt, der neo-klassische Anmut im Tanz auf amüsante Art und ungewöhnliche Weise kombiniert. Seine erste Choreographie entstand unter dem Dach der l´opéra von Montpellier - als Tänzer der Compagnie von Dominique Bagouet. 1984 gründete er seine eigene Compagnie und folgte der Einladung, eine Hommage an die Ballets Russes zu zeigen. 2006 wird er der Direktor vom Centre Chorégraphique National in Aix. Seine Werke befinden sich im Repertoire. Für die sinnliche Reise ist es nicht zu spät. Im Frühling gastiert The Nigths wieder in der Deutschen Oper Berlin. Nähere Informationen zum Spielplan unter www.staatsballett-berlin.de

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