Fledermäuse in der Spandauer Zitadelle „Nocturme“

Verfasst von: Dipl. Päd. u. Theaterpädagogin Selena Plaßmann
Kuß der Unsterblichkeit
Kuß der Unsterblichkeit  Bild: Selena Hildebrand
Die unter Denkmalschutz stehende Zitadelle wahrt die Geschichte einer alten Zeitepoche. Anstelle der mittelalterlichen Burg des frühen Jahrhunderts wurde ein Festungswerk nach italienischer Manier errichtet. Im 17. Jahrhundert, zu Zeiten des großen Kurfürsten, war das Torhaus mit einem Segmentengiebel geschmückt, in dem der Mittelpunkt aus 27. Feldern des brandenburgischen Staatswappen bestand. Nach seiner Krönung ließ Friedrich der III. den Kurhut über dem brandenburgischen Staatswappen entfernen und durch die Königskrone ersetzen.

Den Bau der Zitadelle beaufsichtigte der Venezianer Francesco Chiraramella. Ein historischer Rundgang mit zeitgenössischer Festkultur enthüllt die Denkmallandschaft von Berlin. Chiramella wird ebenfalls der Entwurf des Tors zugeschrieben. Er ließ sich dabei von dem Stadttor Porto Nova in Verona inspirieren. Das Prunkportal der Zitadelle Spandau sollte ein Symbol sein, Vorübereisenden aufzuzeigen, das die Berliner autonom agieren und offenherzig der Kunst gegenüber stehen. "Sigillum burgensium de berlin sum ". Ich bin das Siegel der Bürger von Berlin. Ebenfalls das Berliner Wappentier, die Bären mit erhobenen Tatzen stehen für die Selbstbestimmung der Berliner Bürger. Im 16. Jahrhundert wurde die Baukunst der Zitadelle Spandau von dem italienischen Graf zu Lynar weitergeführt.

Zitadelle Spandau
Königliches Wappen
Juliusturm
Froschkönig (Bild: Selena Hildebrand)

Die Zitadelle Spandau gilt als berühmteste Festung der Hochrenaissance in Europa. Sie zählt zu den wichtigsten Winterquartieren der europäischen Fledermäuse, die in den Kellergewölben mit ihren Familien (Brillenblattnasen, Nilflughunde oder Vampirfledermäuse) friedlich zusammen leben. Fledermäuse sind Ultraschalljäger. Sie sehen mit den Ohren, wobei sie sich an der Echoortung orientieren. Sie empfangen Frequenzen, die oberhalb des menschlichen Hörvermögens liegen. Die Fledermäuse die Quartier in der Zitadelle beziehen, sind Vegetarier und vertilgen am Tag ca. 15 Kilogramm Obst und Gemüse, wobei sie besonders gerne überreife Bananen, Melonen und Weintrauben verkosten. Unter www.fledermausschutz.de finden sich weitere Informationen aus der Welt dieser faszinierenden fliegenden „Weltensegler“. Die NABU sowie der Verein „Berliner Artenschutz -BAT- e.V." in der Zitadelle, organisieren über professionelle Führungen hinaus sogar Fledermausfeste!

Geigender Engel (Bild: Selena Hildreband)

Der Juliusturm, einstige Zufluchtsstätte gilt als Wahrzeichen Spandaus. Der aus Frankreich stammende Reichskriegsschatz wurde dort einst aufbewahrt. Der Name des im 13. Jahrhundert errichteten Juliusturms ist geheimnisumwoben. In der Forschung gibt es darüber Unstimmigkeiten. Fakt ist, das eine Überschreibung des Turms durch Markgraf Ludwig den Römer (1356) an seinen jüdischen Kammerknecht Fritz erfolgte, und eine Spur zu dem Herzog Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel im 16. Jahrhundert führt. Die einstige Bastion des Kronprinzen ist mittlerweile eine etablierte Kunst und Kulturstätte mit internationalem Flair. Maler, Kunsthandwerker, Puppentheater und eine Jugendkunstschule haben dort ihr festes Domizil. Das jährlich stattfindende Kunstprogramm ist bunt und vielfältig. Exquisite klassische und moderne Theatervorführungen und Musicorchestras werden dort gefeiert. Nachtmärkte, Jahresfeste, Ritterfeste die um den Mythos Avalon kreisen. Das Citadel Music Festival ist seit zehn Jahren fester Bestandteil der Berliner Open Air Saison.

Flötender Engel (Bild: Selena Hildebrand und Joachim Hein)

Musik der unterschiedlichsten Genres ziehen nicht nur Fledermäuse magnetisch in die Berliner Wasserstadt Spandau. Poppige Bands wie Silbermond über Rocklegenden wie Jethro Tull, Patti Smith oder Van Morrison, treten vor dieser unwirklich scheinenden Kulisse einer antiquierten Zeitepoche auf und sorgen für wunderschöne und lustbetonte Konzertmomente. Wenn an den Abenden Musik erklingt, stellt sich die Frage, ob die kleinen Vampire in ihren Schlafquartieren etwas länger verweilen und dieser lauschen, oder ob sie ihrem Instinkt folgend ihrer nächtlichen Beschäftigung nachgehen. Eine feinsinnige Einstimmung in die Welt der Fledermäuse findet sich in dem Kinderbuch über die unsterbliche Fledermaus, Sandor „Fledermaus mit Köpfchen“, aus Transsylvanien; die Quartier in einem Klassenzimmer bezogen hat, und hilft nicht nur einem schüchternen Jungen sein Image aufzupolieren, sondern auch eine gestohlene Schatzkiste in einer Burgruine ausfindig zu machen.

Torsten Hammerschmidt Torsten
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